ER – Couchsurfing: Ein Stück Weltreise für Zuhause

ER und Ya auf dem Kiez

Es ist ein Stück Weltreise für Zuhause. Hier beschreibt ER das Wochenende mit Ya, der Couchsurferin aus China.

Man sollte meinen, dass man von „der größten Stadt der Welt“ schon was gehört hat. 29 Mio Einwohner, die versteckt man nicht so einfach.

Und doch kam uns der Name Chonqing nicht auf Anhieb bekannt vor, als unser chinesischer Gast Ya sagte, woher sie kommt. Und das lag nur zum Teil an unserem schlechten Ohr für die chinesische Aussprache.

Ya auf dem Fischmarkt

Ya kauft sich einen dicken Beutel Fisch. Wo gibt’s mehr Hamburg?

Ya ist 21 Jahre alt, studiert seit drei Jahren Germanistik und spricht wie jemand, der es seit 12 Jahren lernt.

Die Sache mit dem Tellerrand

In den letzten zehn Monaten, in denen sie in Leipzig wohnt, hat sie eines gelernt: In China gab es vor einiger Zeit eine Kulturrevolution. Millionen Menschen verhungerten. Das hat sie zuhause nicht gelernt, dabei hat sie viel gelernt in ihrem Leben. Und 1989 gab es eine Studentenrevolte in Peking. „Das ist tabu. Ich darf zuhause nicht mehr darüber sprechen.“

Doch jetzt ist sie in Deutschland. War in München, ein Wochenende in Prag, bei uns in Hamburg. „Da gibt es ein Sprichwort im Deutschen, das ich gerne mag. Über den Tellerrand gucken.“

Zuhause ist ihr Tellerrand nah und von Erfolgsstreben bestimmt. Sie studiert an einen der besten Unis. Lernte Englisch in einem Alter, in dem Er und Sie im Sandkasten spielten. Ist jetzt für teures Geld in Deutschland, weil Bildung alles ist. „In China ist es sehr wichtig, viel zu verdienen.“

Doch in Deutschland mag sie das Gefühl der Freiheit. Das sagt sie dreimal in den zwei Tagen. Sie mag die Reeperbahn, auch wenn es dort nicht schön ist. Das verrückte Treiben auf der Schanze. Das Tanzen in den Clubs. Das Bier in der Sonne im öffentlichen Park.

 

Ya beim Karaoke

Ya singt um 6 Uhr morgens in einer Karaoke-Bar auf der großen Freiheit – natürlich auf Deutsch!

Und dann sagt sie diesen Satz, der so viel sagt über sie und ihre Kultur.

„Man kann mit dem Herzen reisen, dann muss man lesen. Aber man muss auch mit dem Körper reisen. Beides ist wichtig.“

Ya wird anders nach China zurückkehren. Und wir werden sie besuchen, ihr Zuhause kennenlernen, ihren traditionellen Feuertopf probieren, den es auch mit Schweinehirn gibt. Wir werden staunen über Sachen, die ihr vollkommen normal erscheinen. Wie sie staunte über die Freiheit, die wir nicht mehr wahrnehmen.

 

  2 comments for “ER – Couchsurfing: Ein Stück Weltreise für Zuhause

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert