Gastbeitrag: Das macht immer der Gärtner

SEIN Vater Friedrich, 65, war zwei Wochen zu Besuch bei IHM und IHR in Myanmar. In seinem Gastbeitrag blickt er zurück auf einen Menschen, den er in den ersten Tagen schon kennenlernte. 

 

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Trotzig beugt sich die lang Aufgeschossene am Tisch vor und legt den Kopf auf die Unterarme: „Ich will Brot mit Käse.“ Die etwa 14-jährige Pubertierende hat ihre blonden Haare zu einem Knoten hochgesteckt und möchte erwachsen wirken, hier in der Bungalow-Anlage im Strand-Ort Chaung Tha in Myanmar.

An der Ecke des Tisches wartet der Kellner mit buddhistischer Gelassenheit auf die Bestellung der deutschen Familie.

Chit Min ist 15 Jahre alt, misst nicht einmal 1,50 Meter und spricht gerade genug Englisch, um die Wünsche der Gäste verstehen und wiederholen zu können. Er schreibt nichts auf. Die Speisekarte kennt er auswendig. Vom ihm wissen wir, dass er mit elf Jahren die Schule verlassen hat.

SEIN Vater mit dem Gärtner (M.)

SEIN Vater mit dem Gärtner (M.)

Mehr erfahre ich vom Gärtner, 22, weil er tagsüber um die Bungalows herum den Rasen mit einer Heckenschere schneidet. Er ist froh, mir die unterschiedlichen Bananenarten, Papaya- und Mangobäume zeigen zu können. Er will Englisch lernen, indem er mit den Touristen spricht. Er lebt seit zwei Jahren am Rande des Bungalow-Dorfes der Hotel-Anlage.

Alle sechszehn Angestellten stehen gegen sechs Uhr bei Sonnenaufgang auf und beginnen mit der Arbeit, die den ganzen Tag dauert. Wenn der Gärtner draußen nichts zu tun hat, kümmert er sich um die Wasserversorgung und die Elektroinstallationen. Er ist ganz stolz, mir zu erzählen, dass er alle Elektroleitungen in den Hütten verlegt hat. In meiner Naivität freue ich mich für ihn, dass die Sonne um 17.30 Uhr untergeht, denn dann kann er ja nicht mehr im Garten arbeiten. Feierabend ist aber nicht.

Nun geht der Gärtner in die Küche und schneidet Fleisch bis 21 Uhr. Anschließend darf er in sein Zimmer, das er sich mit drei anderen Angestellten teilt. Er freut sich, denn er schläft auf einer Matratze. Am Anfang gab es für ihn nur eine Decke auf dem Holzfußboden. Sein ganzer Stolz steht vor seiner Liege: Ein Ventilator, den er selbst gekauft hat.

Er verdient im Monat 50 Dollar (40 Euro). „Unten in der Stadt gibt es ein Hotel, da kostet die Nacht 100 Dollar. Ich müsste zwei Monate arbeiten, um dort einmal schlafen zu können“, sagt er und lacht.

Als wir nach Sonnenuntergang vom Strand zurückkommen, der 200 Meter Luftlinie entfernt ist, habe ich noch eine Frage an ihn: „Gehst du manchmal auch ans Meer?“ Er zögert. „Ja, während der Regenzeit von Juli bis September war ich schon da. Dann gibt es keine Touristen. Und ich kann zu meiner Familie fahren, die etwa sechs Busstunden entfernt in einem Dorf 120 Kilometer von hier lebt“, sagt er.

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