Mein Bauch kribbelt, meine Finger tippeln beim Essen auf der Tischplatte, ungeduldig wippt mein Bein über dem anderen. Ich bin aufgeregt. Gleich wird SIE sie treffen.
Sie ist auch eine Reisebloggerin, nennt sich Rapunzel-will-raus, heißt eigentlich Sarah und kommt aus der Schweiz. Ich kenne sie nur online. Lese ihren Blog, mag ihre Fotos bei Instagram, like ihre Posts bei Facebook.
Aber wie ist sie wirklich? Werden wir uns offline verstehen, nur weil wir uns online nah sind? Oder wird das eine dieser „Ich war da und da“-Smalltalk-Dauerschleifen, die mich in Hostels immer gen Ausgang katapultiert? Wird sie mir unsympathisch sein, einfach nicht mein Typ Mensch, mit dem ich im echten Leben gerne Zeit verbringe?
Als Treffpunkt haben wir die große gelbe Kirche ausgemacht. Nicht weit von unserer Gastfamilie. Über das Kopfsteinpflaster der wunderschönen Kolonialstadt gehe ich neben IHM. Ich sehe sie schon von Weitem.
„Rapunzel?“
Sie lächelt. Wir umarmen uns wie Freundinnen, obwohl wir Fremde sind. Schlendern quatschend zum Shuttle-Transfer, den wir zum San Christobal Restaurant mit Blick auf Antigua nehmen wollen. Wir warten 30 guatemaltekische Minuten. Insgesamt eine ganze Stunde.
Es entsteht kein einziger „Über was sollen wir jetzt reden?“-Moment. Wir plappern einfach drauf los. Über das Leben, das Reisen, Zukunft und Vergangenheit. Es fühlt sich an, wie eine alte Freundin wiederzutreffen. Sich ausgelassen darüber austauschen, was sich so getan hat im Leben.
Da ist wieder dieses Fremd-Freund Gefühl, das in mir aufsteigt. „Wie kann das?“, denke ich während wir im Bus die staubigen Serpentinen hochbrettern. Vielleicht weil es so ist, wie beim ersten Offline-Date, nachdem man sich wochenlang online geschrieben hat – wenn es gut läuft.
Bei uns läuft es so gut, dass aus dem geplanten Nachmittag ein langer Abend wird. Wir bestellen eine Runde nach der anderen, teilen unsere bewegendsten Momente, reden über das, was wir uns wünschen, über das, was uns Angst macht.
Wir können sogar zusammen schweigen, was mir eigentlich nur mit IHM oder guten Freundinnen gelingt.
Was wollen wir mit unserem Leben nach der Weltreise anfangen? Was verändern? Was nicht? Wir stellen uns die selben Fragen und finden gleiche Antworten.
Die Reisen unseres Lebens führen uns durch so unterschiedliche Länder und Erlebnisse, aber bringen uns nicht nur geografisch an einen Ort, sondern auch gedanklich auf eine Wellenlänge.
Eine schönes Online/Offline Märchen, denke ich abends im Bett. Rapunzel, lass uns wiedersehen!
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