SIE- Über den Strom, der meinen Seelenakku auflädt

Popcorn

SIE an einem fremden Bahnhof in der Mongolei

Knirschend verteilt sich der Zucker zwischen meinen Zähnen. Da kitzelt eine salzige Note meine Zunge. Popcorn gemischt. Ich stehe nach 9-Stunden stop&go Zugfahrt durch die Grenzregion zwischen Russland und der Mongolei auf einem Bahnsteig und meine Geschmacksknospen melden „Wonne“ an mein Gehirn.

8000 Kilometer entfernt von Hamburg mitten in dieser Fremde fühle ich mich wohl. Weil mich das Popcorn unvermittelt an unsere Abende denken lässt. Ich vermisse das mit dir reden, meine Freundin, und danach ins Kino gehen. Du Popcorn-Prinzessin musst unbedingt diese Kombi aus süß und salzig probieren!

Dieser Moment auf dem Bahnsteig ist nur ein Beispiel für die vielen Kleinigkeiten, die mich an meine Familie, an meine Freunde denken lassen.

Popcorn

Süß und salzig – da muss SIE erst in die Mongolei fahren, um das zu entdecken – lecker!

Überhaupt: Ich fühle mich wie ein Akku. Nach tagelangem Unterwegs-Sein muss ich erstmal in die Steckdose. Aber ich brauche keine 220 Volt, ich brauche 16 Megabite pro Sekunde. Meine Aufladestation ist das Wifi, mein Strom ist das Internet. Mails, Nachrichten und Fotos von meinen Lieben Zuhause geben mir neue Lust auf die Fremde. Mit Ihnen vor den Augen fühle ich mich geborgen – ob auf den Plastiksitzen bei MC Donalds in Jekatrinburg oder auf Holzhockern in einer speckigen Spelunke auf der Baikal-Insel Olchon. Ich lese, was Zuhause los ist, gucke Videos und bin inspiriert von den klugen Gedanken, die sich die Daheimgebliebenen übers Reisen machen.

Ich lade wieder auf.

Vielleicht braucht mein Seelenakku nach vielen Monaten auf Weltreise nur noch jede Woche Strom, aber jetzt, nach einem Monat unterwegs, ist mir noch nach täglichem andocken. Vielleicht auch deshalb, weil mich der Gedanke umtreibt, dass ich mich entferne – nicht nur geographisch.

Doch ausgerechnet so weit weg von Zuhause bin ich meiner Familie und meinen Freunden so nah. Nicht physisch, ich kann ihren Alltag nicht riechen und fühlen, aber ich weiß, was ansteht und begleite sie in Gedanken. So viel Zeit habe ich noch nie in Whatsapps-Chats und E-Mails gesteckt.

Eine Weltreise ist wie ein Brennglas für dein Leben. Ich habe es in der Hand und halte drauf. Familie, Freunde erkenne ich ganz deutlich und habe Angst. Was, wenn Freundschaften diese Fernbeziehungen nicht aushalten? Was, wenn ich einmalige Momente verpasse?

Ich werde mit einem Rucksack voll Erinnerungen wiederkommen. Erinnerungen, die ER und ich teilen. Aber ich werde dafür auch auf gemeinsame Erinnerungen verzichten. Dagegen hilft: Momente, wie auf dem Bahnsteig, genießen und wenn ich zurück bin, ordern wir mal: „Einmal Popcorn gemischt, bitte!“ Abgemacht, meine Freundin?

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