„Sleeping in my Car“ tönt blechernd aus meinem iPhone – ER hat Roxette voll aufgedreht, weil ich mir Musik gewünscht habe. Das Bad (2 Quadratmeter) im 7-Euro-Zimmer ist nur durch eine dünne Holztür von den zwei Einzelbetten getrennt. Mit Verlaub, aber die meisten Lieder nennen wie nur noch Kackmusik.
Das Waschbecken ist so verdreckt, dass ich mir nach dem Wasserhahn-Zudrehen am Liebsten jedes Mal die Hände desinfizieren würde.
Ich sitze auf dem Bett in unserem Zimmer ohne Fenster und draußen pladdert der Dauerregen. Vor der Tür plappern Backpacker. Lachen laut über den immer selben Travel-Small-Talk- „where are you from?“, jemand zieht ganz tief aus der Kehle die Rotze hoch und spuckt aus. Seit ich gesehen habe wie ein Chinese in einem Bus auf den Boden gespuckt hat, frage ich mich nicht mehr, ob wenigstens ein Mülleimer in der Nähe ist.
Mehr Beispiele?
Zu dieser Low-Budget-Weltreise 365 Tage-24-Stunden-7-Tage die Woche zusammen gehören diese Details. Diese Wahrheiten, die wenig Fernweh wecken.
Zu diesem Viertel-Jahr, das wir jetzt unterwegs sind, gehört aber auch diese Erkenntnis: Die Weltreise ist für mich wie täglich Geburtstag haben. Und ich liebe diesen Tag.
Am Dienstag war Geburtstag plus X. Am 14. Oktober vor drei Jahren hat ER mich vom Bus am Ostbahnhof in Berlin abgeholt, ich bin bei ihm ein- und nie wieder ausgezogen und jetzt sind wir verliebt, verlobt, verreist.
„Aber wir schenken uns nichts zum Jahrestag, oder?“ haben wir uns gegenseitig gefragt. „Nein,nein“, waren unsere Antworten. Von wegen!
Morgens komme ich vom Zähneputzen aus dem Bad ins Zimmer, da liegt eine Papierlampe mit dem buddhistischen Symbol der Unendlichkeit und tibetische Gebetsfahnen auf dem Bett. Ich bin platt, hatte ich doch nur im Vorbeigehen erwähnt, dass man die Fahnen immer gebrauchen könne und wir uns als Erinnerung doch eine Lampe holen könnten. Seine Reaktion war „Sally, wir schleppen echt zu viel mit uns rum!“

Wir feiern uns – mit Gin Tonic, Pringles, tibetischen Gebetsfahnen und dem buddhistischen Symbol der Unendlichkeit
Typisch ER, immer schön rational, dachte ich genervt. Jetzt streichel ich über das Symbol auf der Papierlampe und weine – vor Rührung. Seine Reaktion – wieder typisch ER/SIE: „Was hast du denn?“ Ich muss lachen. Ich weine. Vor Glück.
Über seinen Gutschein für das beste Steak der Stadt ist ER sehr glücklich, weint aber nicht. Sondern fragt den ganzen Tag, wann ich denn endlich Hunger hätte. Wenn Dinge, die im Alltag ganz normal, einfach Kleinigkeiten sind, das Größte bedeuten, ist Weltreise.
Unseren 3. Jahrestag werden wir erinnern. Der Tag, an dem uns eine 1 Euro Lampe und ein 6 Euro Steak das Teuerste waren.
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