ER – Wir in der Touri-Schleuder Richtung Mongolei

Gleich fährt der Touri-Zug ab

Gleich fährt der Touri-Zug ab

13 Kilometer hinter Ulan-Ude trennen sich die Zuglinien, nach Osten fährt die Transsibirische Linie, dort bleiben die russische Familien sitzen, die weiter nach Wladiwostok müssen.

Nach Süden fährt die Transmongolische Eisenbahn. Dort sitzen nur noch Touris, die nach Ulaanbaatar wollen.

„Nehmt doch den Bus nach Ulaanbaatar“, sagten uns alle, „das ist schneller und billiger.“ Zehn Stunden Fahrt, schnell über die Grenze. Effektiv, einfach, schön, Kosten: 25 Euro. So reisen die Russen und die Mongolen.

ER und SIE im Second-Class-Abteil im Touri-Zug

ER und SIE im Second-Class-Abteil im Touri-Zug

Die Touris nehmen den Zug, 24 Stunden, davon bis zu elf Stunden an der Russisch-Mongolischen-Grenze, Kosten für die Warterei: 90 Euro. „Wenn wir das schon mit dem Zug machen, dann richtig…“, sagte SIE. Ich fand billig, schnell und effektiv eigentlich ganz verlockend…

Von Moskau bis Irktutsk waren wir in der dritten Klasse, Plazkart, gereist, als zwei von 54 Menschen in einem Waggon. So reisen die meisten Russen, so lernt man die meisten Menschen kennen. Bis zum letzten Zug nach Irkutsk hatten wir das Glück, keine anderen Touris kennenzulernen. Das Couchsurfing zeigte uns das wahre Russland, abseits der immergleichen „Where-Are-You-From-Where-Have-You-Been?“-Hostels.

Alle anderen Waggons wurden abgekoppelt - übrig bleiben die Touri-Waggons

Alle anderen Waggons wurden abgekoppelt – übrig bleiben die zwei Touri-Schleudern

13 Kilometer hinter Ulan-Ude hat unsere echte Russland-Zeit ein Ende. Nach Ulaanbaatar müssen wir zweite Klasse reisen, Plazkart gibt es nicht mehr, weil die reichen Touris eh meistens die zweite oder erste Klasse buchen.

In unserem Abteil: Die deutsche Pfadfinderin Jule, die sich „Dschaggs“ nennt – weil sie immer Chucks-Schuhe trägt. Neben uns im linken Abteil, der Rest der Pfadfinder-Truppe, rechts im Abteil vier Spanier, die bis spät in die Nacht lauthals brüllen und lachen.

Die verkleideten Touris am Bahnsteig

Die verkleideten Touris am Bahnsteig

Als wir das Grenzdorf Nauschky erreichen, sind nur noch zwei Waggons am Zug. „Come back two hours“, sagt die Schaffnerin. Die erste Bahnmitarbeiterin in den vier Wochen, die wir Englisch sprechen hören. Die zwei Waggons spucken die Touris mit ihren Kameras, ihren Wandersandalen und Tagesrucksäcke aus. Sie ergießen sich über den Ort, fotografieren den trostlosen Park vor dem Gebäude, auf dem einfach „Bahnhof“ steht. Kaufen sich ein Getränk, ein Eis.

ER hat nichts zu verzollen (und muss das auf zwei Seiten erklären)

Dann beginnt die Prozedur, die 90 Euro Wert ist: Die Touris werden in den Zug gesperrt. Passkontrolle, zwei Mal auf russischem Boden. Der Drogenspürhund, die Zollpapiere, dann Gepäckkontrolle, eine Uniformierte steigt durchs Abteil und schaut nach Schmuggel-Sachen. Im Zug sind es über 28 Grad, doch trinken will keiner, weil die Toiletten mindestens drei Stunden verschlossen sind.

Im No-Mans-Land zwischen den Grenzdörfern schaut das mongolische Militär unter den Waggon. Dann werden die Pässe wieder eingesammelt, diesmal von den mongolischen Grenzbeamten, die Prozedur geht von vorne los. Insgesamt achteinhalb Stunden lungern wir an der Grenze herum, bevor die zwei Waggons wieder die Touris (samt gestempelten Pässen) auf das mongolische Dorf ausspucken. „Come back one hour“, heißt es diesmal.

Der Bahnhof in der Grenzstadt auf mongolischen Seite

Der Bahnhof in der Grenzstadt auf mongolischen Seite

Wieder verteilen sich die Wandersandalen, die dicken Objektive und die wasserabweisenden Funktions-Hosen rund um den Bahnhof.

Und hoffentlich steht nicht irgendwo so einer und macht ein Foto von mir in meinen weißen Flipflops, mit der Kamera in der Hand und dem Tagesrucksack über der Schulter.

Sonst könnte ich ja noch als Protagonist in einem Beitrag landen, der sich über die Touri-Bahn beschwert…

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